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Heinrich Anton Leichtweis - Ein ehrbarer Bürger im 18. Jahrhundert

Heinrich Anton Leichtweiß Bild vom Leichtweiß-Buch im Felsengrab

Inhalte dieser Seite

Aus der Schriftenreihe Nr. 8: Heinrich Anton Leichtweiß - Ein Bürgerleben im 18. Jahrhundert. Von Walter Czysz, 3. Auflage, 148 Seiten mit Abb. im Anhang, (April 2006)


Heinrich Anton Leichtweiß - Sein Leben in chronologischer Übersicht  
1723 Am 29. Dezember wird Heinrich Anton Leichtweiß im rheinhessischen Jugenheim geboren. Jugenheim gehört damals zu Nassau-Saarbrücken. Heinrich Antons Vater Christian Wilhelm ist dort bis 1724 nassauischer Amtsjäger. Schon der Großvater Caspar Leichtweiß stand in nassauischen Diensten: Er war Oberjäger in der zu Nassau-Weilburg gehörenden Herrschaft Kirchheimbolanden am Donnersberg.
1724-1750 Seit 1724 lebt die Familie in Mensfelden im Taunus. Zwischen 1740 und 1750 zieht sie um nach Ohren bei Kirberg. In diesen beiden Gemeinden verbringt Heinrich Anton seine Kinder- und Jugendjahre und erlernt das Bäcker- und das Bürstenmacherhandwerk. Sein Vater findet eine Anstellung als herrschaftlicher Jäger im Dienste des Fürsten Carl von Nassau-Usingen.
Um 1750 begibt sich Heinrich Anton wohl auf Wanderschaft. Czysz vermutet, dass er im Gefolge des kurtrierischen Amtmanns zu Limburg und Camberg, Freiherr von Hohenfeld, in der Welt herumgekommen ist.
Um 1756 kommt Heinrich Anton nach Dotzheim, das zu dieser Zeit etwa 300 Einwohner zählt.
1757 Am 20. September heiratet er hier Christiane Louise Nicolay, die Tochter des Dotzheimer Schultheißen Johannes Nicolay. Mit dieser Heirat erwirbt Leichtweiß in Dotzheim das Bürgerrecht. Er ist 34 Jahre alt
1758 Geburt des ersten Kindes am 23. November: Anna Maria.
Um 1759 Aus Quittungen ist zu ersehen, dass Leichtweiß zu dieser Zeit bereits Gastwirt ist.
1760 wird Sohn Georg Peter geboren (8. November)
1762 wird Sohn Georg Conrad geboren (3. Dezember).
Um 1762 Eintragungen in der „Gemeindevorsteher-Rechnung“ belegen, dass Leichtweiß der Wirt des Gasthauses „Zum Engel“ ist (Römergasse 16). Außerdem sprechen Eintragungen in den „Gemeinde-Rechnungsbüchern“ (1768) dafür, dass in diesem Anwesen von Leichtweiß auch die Gemeindebäckerei betrieben wird; er ist Inhaber der „Backgerechtigkeit“ (des Backrechts) und hat sich auch mit der Bürstenmacherei befasst („neben dem Ackerbau und Wirtschaft betreibt er auch noch die Beckerey und Bürstenmacherei und somit dreyfache Nahrung“ wirft ihm später die Anklageschrift vor).
1764 wird Sohn Johann Jacob geboren (15. Oktober).
1766 wird Sohn Johann Michael Burckhardt geboren (22. Dezember)
1767 Amtmann von Jossa schlägt in einem Schreiben an den Landesfürsten vom 31. März vor, Heinrich Anton Leichtweiß als Schultheiß in der Gemeinde Dotzheim einzusetzen. Der Landesherr, Fürst Carl, findet es „unschicklich, einem Gastwirt dieses Amt zu übertragen“ und lehnt den Vorschlag ab. Schultheiß in Dotzheim wird statt dessen Nicolaus Igstadt.
1769 wird Tochter Maria Johanette geboren (2. Januar).
1771 wird Sohn Johann Philipp geboren (28. Januar).
1773 wird Tochter Catharina Louisa Jacobina geboren (19. Mai).
1775 wird Sohn Heinrich Conrad geboren (24. April). - Tod des Fürsten Carl von Nassau-Usingen; Nachfolger wird Carl Wilhelm zu Nassau und Saarbrücken.
1777 wird Sohn Friedrich Carl geboren (10. Juni).
1780 wird Sohn Michael Conrad geboren (16. Mai).
1782  wird Sohn Georg Wilhelm geboren (7. Oktober).
1784 Schultheiß Nikolaus Igstadt wird im September durch Johann Conrad Vogt abgelöst.
1786-87 Heinrich Anton Leichtweiß fungiert als „Herrschaftlicher Gelderheber“. Er ist zuständig für die Eintreibung und gewissenhafte Abrechnung der Gemeindegelder, die direkt nach Wiesbaden an das Oberamt abzuliefern sind. Schon vor dieser Zeit war er als „Gemeinderechner“ tätig.
1788 Leichtweiß wird Einbruch sowie Wilddieberei und Wildpretdiebstahl vorgeworfen. Er wird verhaftet und am 1. Mai erfolgt die Einlieferung in das Zuchthaus am Michelsberg in Wiesbaden. Zuvor steht er auf dem Wiesbadener Marktplatz für einige Stunden am Pranger.
1789 Am 30. Oktober wird er aus dem Zuchthaus entlassen, kehrt aber nicht mehr zu seiner Familie nach Dotzheim zurück. Er fristet sein Leben als Wilddieb in den Taunuswäldern, auch in dem damals noch unerschlossenen Waldgebiet des hinteren Nerotals bei Wiesbaden. Hier entdeckt man eine Ruhestatt unter Gebüsch, eine Laterne und einen Filzhut. Gewildert hat er dann wohl auch noch in der Frankfurter Gegend.
1791 wird Leichtweiß im hessischen Amt Bergen bei Frankfurt am Main aufgegriffen.
1792 Wegen Wilderei wird Leichtweiß am 14. Februar erneut in das Wiesbadener Zuchthaus eingeliefert. Er wird dort ohne Prozess und ohne rechtskräftiges Urteil bis zu seinem Tode eingekerkert. Er ist jetzt 69 Jahre alt.
1793 Am 12. März stirbt Heinrich Anton Leichtweiß im Zuchthaus in Wiesbaden.
1794 stirbt seine Ehefrau Christiane Louise im Alter von 57 Jahren.
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Diese Chronologie wurde zusammengestellt nach der Publikation „Heinrich Anton Leichtweiß - Ein Bürgerleben im 18. Jahrhundert“ von Walter Czysz, herausgegeben vom Heimatverein Dotzheim e.V., verlegt bei Thorsten Reiss, Wiesbaden 2006, in dritter, überarbeiteter Auflage.


Heinrich Anton Leichtweiß

Gathaus Engel

Im ehemaligen "Gasthaus Zum Engel" (das Gebäude besteht heute noch) wohnte Heinrich Anton Leichtweiß von 1757 bis etwa 1788. Das vordere Zimmer im Obergeschoss diente außerdem als Ratsstube.

Leichtweiss am Pranger

Leichtweiss_Kontakte


Der Landesherr und die Rechtsprechung zur Zeit des Heinrich Anton Leichtweiß
Von Dr. Rolf Faber, Wiesbaden
 
Der Landesherr: Fürst Karl Wilhelm von Nassau-Usingen (1735-1803)
 

Fürst Karl Wilhelm von Nassau-Usingen wurde am 9. November 1735 als ältester Sohn des Fürsten Karl (1712-1775) und seiner ersten Gemahlin, Christiane Wilhelmine von Sachsen-Eisenach (1711-1740), in der Residenzstadt Usingen geboren. Nachdem sein Vater im Jahre 1744 die Residenz von dem im hinteren Taunus gelegenen Usingen an den Rhein nach Biebrich verlegt hatte, verlebte er mit seinen beiden Brüdern, Friedrich August und Johann Adolph, die Kindheit in Biebrich. Seine Ausbildung erfolgte bis 1752 in den Niederlanden. Hier machte er auch militärisch Karriere. Er stieg im Laufe der Jahre bis zum Generalleutnant auf.

1775 folgte er als Erbprinz seinem Vater in der Regierung des Fürstentums Nassau-Usingen. Im ersten Jahrzehnt seiner Regierungszeit fiel eine bedeutsame Entscheidung für das nassauische Gesamthaus. Die vier damals noch bestehenden nassauischen Linien Nassau-Usingen, Nassau-Weilburg, Nassau-Saarbrücken und die oranische Linie Nassau-Dillenburg-Diez schlossen sich 1738 zum Nassauischen Erbverein zusammen, der für die folgenden Jahrhunderte die Nachfolgeregelungen enthielt.

Als Karl Wilhelm die Regierung antrat, konnte er noch nicht ahnen, dass seine Regierungszeit in eine der wichtigsten Epochen der europäischen Geschichte fallen würde, die Zeit der Französischen Revolution und der Revolutionskriege, der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation und der Neuordnung der Territorien in Mitteleuropa. Zunächst konnte er noch eine Ausdehnung seiner Herrschaft erleben. Nach dem Aussterben der Saarbrücker Linie fielen ihm 1797 die saarländischen Besitzungen zu, so dass damit die links- und rechtsrheinischen Besitzungen der Usinger Linie wieder in einer Hand waren. Doch konnte er sich nur für kurze Zeit dieser Erwerbungen erfreuen. Nachdem die französischen Revolutionstruppen siegreich das linke Rheinufer besetzt hatten, musste er nach dem Frieden von Lunéville, in dem die Abtretung des linken Rheinufers offiziell bestätigt wurde, den Verlust der dortigen Territorien akzeptieren. Doch dieser Verlust wurde im Wege der Säkularisation der geistlichen Territorien auf dem rechten Rheinufer ausgeglichen. Durch den Reichsdeputationshauptschluss vom 25. Februar 1803 wurde den beiden nassauischen Fürstentümern, Nassau-Weilburg und Nassau-Usingen, weit mehr an Territorien und Einwohnern auf dem rechten Rheinufer zugesprochen, als sie auf dem linken Rheinufer verloren hatten.

Fürst Karl Wilhelm starb am 17. Mai 1803 in Biebrich und wurde in der Familiengruft in der Usinger Kirche begraben. Er war seit 1770 mit Caroline Felicitas Gräfin von Leiningen-Heidesheim verheiratet. Von den Kindern überlebten nur die Töchter. Da er ohne männlichen Nachkommen verstorben war, wurde sein älterer Bruder, Friedrich August, sein Nachfolger. Er wurde 1806 nach dem Beitritt zum Rheinbund und der Annahme der Würde eine Herzogs der erste Herzog von Nassau.

Fürst Karl Wilhelm wird beschrieben als „leutseliger, wohlwollender Herr, der von seinen Untertanen hochverehrt“ worden sei. Geschildert wird insbesondere seine große Toleranz. So hatten es ihm die Wiesbadener Katholiken zu verdanken, dass sie erstmals nach der Einführung der Reformation wieder Gottesdienste feiern durften. Seit 1776 gehörte er dem Freimaurerorden an. Unter seinem Vorsitz wurde am 6. August 1778 im Biebricher Schloss die Loge „Zur beständigen Einigkeit“ gegründet, die noch heute als „Loge Plato zur be-ständigen Einigkeit“ besteht.

Während die Regierungszeit des Fürsten auf der einen Seite von aufklärerischen Ideen geprägt war, fühlte er sich auf der anderen Seite noch ganz dem Denken des Ancien Regimes verpflichtet. Das zeigt sich unter anderem in seinen Eingriffen in gerichtliche Entscheidungen. Insbesondere wenn es um „Wilddieberey“ ging, zeigte er keine Gnade. Zahlreiche strenge Urteile gegen Wilddiebe sind bekannt geworden

Gerade der Fall von Heinrich Anton Leichtweiß zeigt, dass sich der Fürst noch nicht einmal an die einfachsten Grundsätze des auch damals anerkannten Rechtswegeverfahrens hielt. Im ersten der beiden Fälle im Oktober 1788 verschärfte er die Entscheidung des Hofgerichts. Dieses hatte eine Zuchthausstrafe von einem halben Jahr vorgeschlagen. Der Fürst erhöhte die Strafe auf ein ganzes Jahr und verfügte zusätzlich das Prangerstehen.

Im zweiten Fall, im Februar 1792, entschied er gewissermaßen mit einem Federstrich, dass Leichtweiß, ohne dass zuvor überhaupt ein gerichtliches Verfahren durchgeführt und rechtskräftig ein Urteil gefällt worden war, lebenslänglich im Zuchthaus bleiben sollte. Am Liebsten wäre es dem Fürsten gewesen, Leichtweiß hätte Selbstmord begangen. Besonders grausam war, dass Leichtweiß über sein Schicksal völlig in Unkenntnis gehalten wurde; er glaubte bis zu seinem Tod, dass er noch ein ordentliches Verfahren erhalten werde, bei dem sich seine Unschuld herausstellen würde.

 
Die Justizbehörden im Fürstentum Nassau-Usingen

Im Fürstentum Nassau-Usingen richtete man sich in der Regel in Strafrechtsfällen nach den gültigen Reichsgesetzen, wie der Carolina, der Peinlichen Gerichtsordnung Kaiser Karls V. von 1522. Es gab kein landesspezifisches Landrecht oder eine eigene gesonderte Prozessordnung.

Hinsichtlich der Organisation der Justizbehörden ergab sich Folgendes: Grundsätzlich gab es keine Trennung der Gewalten in Legislative, Exekutive und Judikative, wie wir dies heute kennen. Vielmehr waren damals Verwaltung und Gerichtsbarkeit in einer Hand vereint. In unterster Instanz war der Amtmann zuständig. Er war im Amtsbezirk der unmittelbare Vertreter des Fürsten. So war er zunächst in allen anfallenden Verwaltungsangelegenheiten zuständig. Zugleich übte er allerdings auch in allen Rechtsangelegenheiten richterliche Tätigkeit aus. An zwei Tagen pro Woche (Amtstage/Verhörtage) übte er dieses Amt aus. Bei geringen Verbrechen und Vergehen konnte der Amtmann von sich aus Gefängnis- und Geldstrafen verhängen.

Alle übrigen Strafrechtsfälle wurden nach Feststellung des Tathergangs dem Justizkollegium vorgelegt. Das Justizkollegium wurde auch als Hofgericht bezeichnet. Die Mitglieder des Hofgerichts waren zugleich auch Mitglieder der fürstlichen Regierung. Insoweit waren Regierung und Gericht vereint. Anhand der vom Amtmann vorgelegten Akten trafen sie eine gerichtlich Entscheidung. Die Mitglieder des Hofgerichts entschieden allein nach der Aktenlage. Sie kannten nicht einmal den Angeklagten persönlich; sie vernahmen auch keine Zeugen. Es fand also keine öffentliche Verhandlung statt. Deshalb bezeichnet man die Art der Gerichtsbarkeit als „Kabinettjustiz“. Die von ihnen getroffene Entscheidung legten die Mitglieder des Justizkollegiums dem Fürsten vor, der die Entscheidung billigen musste. Je nach dessen Entscheidung wurde sodann das endgültige Urteil gefällt. Dem Fürsten blieb also die Letztentscheidung in den Strafrechtsfällen; er war der absolute Herr des Verfahrens. Zur Vollstreckung wurde das Urteil anschließend an den Amtmann zurückgesandt.

Das Justizkollegium oder Hofgericht konnte auch von den Untertanen als II. Instanz, gewissermaßen als Berufungsinstanz gegen Entscheidungen des Amtmanns, angerufen werden. Bei einer Revision gegen Urteile des Justizkollegiums behielt dieses die Zuständigkeit für den Prozess. Es war also so, dass das Gremium, das die Entscheidung getroffen hatte, über seine eigene Entscheidung erneut urteilen musste. Lediglich ein anderes Mitglied des Kollegiums hatte die Entscheidung vorzubereiten.

Erst nach der Gründung des Herzogtums Nassau im Jahre 1806 wurde die Gerichtsorganisation neu geordnet. Dabei wurden in der II. und III. Instanz die Trennung von Gericht und Verwaltung durchgeführt. In der Person des Amtmanns blieben Justiz und Verwaltung vereint. Damals wurden drei Instanzen eingeführt:
 
I. Instanz: Amtmann
 
II. Instanz: Hof- und Appellationsgericht
 
III. Instanz: Oberappellationsgericht

 
Die „willkürlichen“ Entscheidungen des Landesherrn

Die Entscheidungen des Fürsten Karl Wilhelm gegenüber Heinrich Anton Leichtweiß können in der Tat nur als „Willkür“ bezeichnet werden. Dies betrifft sowohl die erste Entscheidung vom 28. Oktober 1788, mit der der Fürst die Entscheidung des Hofgerichts auf ein Jahr Zuchthaus verschärfte, als auch die zweite Entscheidung vom 29. Februar 1792, die eine lebenslängliche Strafe beinhaltete, und zwar ohne Anklage, ohne Gerichtsverhandlung und ohne Urteil.

Dieses Verhalten des Fürsten entsprach einem absolutistischen Herrschaftsverständnis. Der Fürst war oberster Gesetzgeber und Gerichtsherr. Als absoluter Souverän trug er nach seinem Verständnis vor Gott die Verantwortung für die Wahrung von Recht und Gerechtigkeit; dies wurde als eine seiner vornehmsten Aufgaben und Pflichten empfunden. So war es nur folgerichtig, dass die Gerichte Recht in seinem Namen sprachen.

In der Konsequenz dieser absolutistischen Vorstellung lag es weiter, dass der Fürst als oberster Gerichtsherr und damit als oberster Richter mit vollem (von Gott gegebenem) Recht in gerichtliche Verfahren eingreifen konnte und gerichtliche Entscheidungen, die seinem Empfinden von Gerechtigkeit widersprachen, korrigieren und kassieren durfte. Ja, er konnte insoweit selbst Entscheidungen treffen und so seinen Willen an Stelle der Justizbehörden setzen. Diese „höchstrichterlichen“ Entscheidungen des Fürsten bezeichnete man als „Machtsprüche“.

 
Das Zuchthaus am Michelsberg in Wiesbaden

Bereits nach dem 30-jährigen Krieg sollte im Rahmen des Wiederaufbaus der Stadt ein Zucht- und Arbeitshaus errichtet werden. Doch konnte dieses Vorhaben nicht verwirklicht werden, da es an den nötigen finanziellen Mitteln fehlte. Der Vollzug der Delinquenten wurde weiterhin in den Stadttürmen vollzogen.

Erst im Jahre 1768 wurde unter Fürst Karl von Nassau auf dem Michelsberg ein neues Zucht- und Arbeitshaus errichtet. In seinen massiven Kellergewölben befanden sich elf Zellen mit teilweise meterstarken Zwischen- und Außenmauern aus großen Steinquadern. Im ersten Stock waren die Verwaltungsräume untergebracht sowie ab 1826 ein Gerichts- und Wartesaal. Im zweiten Stock befanden sich die Arbeitsräume für die „Züchtlinge“.

Noch bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts erhielten die eingelieferten Gefangenen bei ihrer Ankunft regelmäßig eine Tracht Prügel als „Willkommen“. Die Prügelstrafe wurde in Nassau erst durch das Edikt vom 16./28. Dezember 1809 abgeschafft. Die Gefangenen wurden mit Garnspinnen und Strumpfweberei beschäftigt und hatten so ihren Beitrag zu den Kosten ihres Aufenthaltes beizutragen. Die Verköstigung bestand aus zwei Pfund Brot täglich, dreimal Suppe und einmal Fleisch mit Gemüse in der Woche.

In den im Jahre 1800 erschienenen „Denkwürdigkeiten der Stadt Wiesbaden“ von Ritter hieß es über das Gefängnis: „Es entspricht ganz seinem Zweck, Müßiggänger mit nützlichen Arbeit zu beschäftigen und Verbrecher ihrem schändlichen Wirkungskreise und der Möglichkeit ferner strafbar zu werden, zu entziehen. Die Behandlung der Züchtlinge ist gelinde und entspricht den Grundsätzen der Menschenfreundlichkeit“.

Durch Edikt vom 3./5. Dezember 1811 wurden alle Zuchthäusler des Landes im Zuchthaus Diez zusammengefasst. Auf dem Michelsberg wurden weiterhin Gefängnisstrafen vollzogen. 1826 wurde das „Criminalgericht“ in dem Gebäude eingerichtet.

Als 1875 das Landgerichtsgefängnis an der Albrechtstraße errichtet wurde, blieb das alte Kriminalgefängnis Polizeigefängnis. Bei dem Ausbau des Gebiets zwischen Michelsberg und Webergasse in den Jahren 1901 und 1903 wurde das Gefängnisgebäude am Michelsberg abgerissen. Annähernd 135 Jahre hatte es seine Zwecke erfüllt.

 
Das Prangerstehen

Fürst Karl Wilhelm hatte am 24. Oktober 1788 die Entscheidung getroffen, dass Heinrich Anton Leichtweiß neben der Verbüßung von einem Jahr Zuchthaus an einem Markttag eine Stunde am Pranger in Wiesbaden stehen sollte.

Das „Prangerstehen“ galt als eine besonders entehrende Form der Bestrafung. Die „armen Sünder“ standen an Markttagen durchschnittlich zwei Stunden am Pranger, wenn viele Menschen auf den Straßen waren. Es war allen Vorübergehenden erlaubt, die Verurteilten zu beschimpfen, zu verspotten, zu bespucken und sogar mit Unrat zu bewerfen oder sonstwie zu ärgern.

Die Formen des Prangers waren sehr vielfältig, angefangen von einem einfachen Halseisen, welches mit einer Kette an einem öffentlichen Gebäude befestigt war, über den Schandpfahl aus Holz oder Stein bis zu einem Sitzpranger oder dem einfachen „Stock“ oder Brett mit Löchern für die Beine und Eisen für die Handgelenke. Welche Form der Pranger in Wiesbaden hatte, ist nicht bekannt. Denkbar wäre, dass es sich um ein Halseisen handelte, das am alten Wiesbadener Rathaus befestigt war.


Antike Leichtweiß-Postkarten

Der Blick über die, ebenfalls mit einem neuen Geländer versehene, alte Brücke auf einer Ansichtskarte
1856 nahm sich der Wiesbadener Verschönerungsverein der Leichtweißhöhle an und baute sie zu einem touristischen Ausflugsziel aus. Die Höhle wurde vergrößert und die Umgebung mit Wegen, Schutzbauten und Sitzgelegenheiten versehen. Die in den 1880er Jahren entstandene Fotografie zeigt sehr deutlich das Umfeld der Leichtweißhöhle zur damaligen Zeit.

In der Mitte der 1930er Jahre unternahm der Wiesbadener Verschönerungsverein umfangreiche Erneuerungs- und Umgestaltungsarbeiten des Areals. Das alte Wärterhäuschen wurde durch die noch heute stehende stabilere Holzhütte ersetzt, die Brücke an ihre heutige Stelle verlegt,
die Wegführung verändert und das Geländer wieder einmal erneuert.
Der Höhleneingang ist mit einem hölzernen Schutzdach versehen, die hölzerne Wärterhütte ist mit Rinde verkleidet.

Diese 1901 verschickte Lithographie zeigt Leichtweiß wie man ihn sich damals vorstellte: hochgewachsen, in Jägertracht mit breitkrempigen Hut und Gewehr

Ansichtskarte um 1902
Die Gefangennahme von Leichtweiß an der Höhle wurde auch von Statisten nachgestellt und fotografiert.
Romantisierende Darstellung der Gefangennahme des "Räuberhauptmanns Heinrich Anton Leichtweiss" bei der Leichtweißhöhle. In Wirklichkeit wurde Leichtweiß im November 1791 im hessischen Amt Bergen bei Frankfurt festgenommen.


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